Damit stellt sich Kretschmer klar gegen die Linie von Bundeskanzler und Parteichef Friedrich Merz. Der unterstützt den Plan der EU-Kommission, die Reaktivierung der Pipelines im Zuge eines neuen Sanktionspakets gegen Russland zu unterbinden. Mit diesem Paket will die EU auf die Weigerung Russlands reagieren, in eine Waffenruhe mit der Ukraine einzuwilligen.
Kretschmer hält diese Strategie nicht für zielführend. Es gebe zwei Wege, ins Gespräch zu kommen, sagte er: "Entweder man versucht, Russland zu zwingen, wie es bislang der Fall war, oder man versucht einen positiven Ansatz." Der sächsische Regierungschef plädiert klar für den positiven Ansatz. "Solange wir sagen: Wir wollen nichts, wir wollen keine Gaslieferungen, wir verhängen nur noch Sanktionen, muss man auch nicht mit uns reden."
Kretschmer rechnet mit Kurswechsel innerhalb von zwei Jahren
Eine Reaktivierung der Pipelines könnte nach seiner Ansicht auch der deutschen Wirtschaft helfen. Kretschmer argumentiert, dass schon jetzt die Abwanderung von Firmen wegen hoher Produktionskosten beginne und die Frage der Energiepreise dabei zentral sei. "Es würde unsere Situation schon sehr verbessern, wenn man etwa 20 Prozent des Gases aus Russland holt."
Er sehe derzeit zwar noch keine Bereitschaft zu einem entsprechenden Strategiewechsel in der deutschen Politik. Er sei sich allerdings sicher: "Wenn die wirtschaftliche Entwicklung so voranschreitet, werden wir in ein, zwei Jahren gezwungen sein, unseren Kurs zu ändern."
Kein Gas mehr durch Nord Stream seit 2022
Bei Nord Stream handelt es sich um zwei Gaspipelines mit vier Strängen, die von Russland durch die Ostsee nach Deutschland führen. Durch Nord Stream 1 floss mehr als zehn Jahre lang russisches Gas, bevor die Lieferungen Mitte 2022 nach der russischen Invasion in die Ukraine von russischer Seite eingestellt wurden. Nord Stream 2 wurde zwar fertig gebaut, aber nie in Betrieb genommen. Im September wurden drei der vier Stränge der Pipelines durch einen Anschlag beschädigt.
Vor dem Ukraine-Krieg deckte Deutschland zeitweise weit mehr als die Hälfte seines Gasbedarfs mit Lieferungen aus Russland. Heute kommen nur noch Flüssiggaslieferungen auf Umwegen nach Deutschland./mfi/DP/he
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